Melbourne versinkt im Rauch

Melbourne versinkt im Rauch

Ein Land steht in Flammen und das Leben geht weiter

Wolkenkratzer an einem rauchigen Tag

Die Lage ist schlimm.

Mindestens 24 Menschen sind durch die Feuer bisher ums Leben gekommen, mehrere allein an diesem Wochenende.
Fast 2000 Häuser in drei australischen Staaten wurden zerstört. Sieben Millionen Hektar brannten nieder - das ist ungefähr ein Fünftel der Fläche Deutschlands.
Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/australien-feuer-canberra-101.html (06.01.2020)

Und es hört nicht auf. Die Brände könnten noch einige Monate weiterwüten, denn der Sommer ist in Australien noch lange nicht vorbei.

Auch in Victoria, dem Staat in dem ich bin, haben sich in den letzten Wochen viele Brände entwickelt. Was vor einigen Monaten noch weit weg war, ist auch bei uns mittlerweile Realität geworden.
Buschbrände sind normal, habe ich mir sagen lassen. Sie sind sogar wichtig für die Australische Flora, denn manche Pflanzen brauchen die Feuer, um Samen zu entwickeln und neue Energie zu tanken. Deswegen habe ich mir anfänglich nicht viel dabei gedacht: „Es sind wohl die jährlichen Brände, die es hier so gibt. Nichts Besonderes.“ Aber das hier ist anders.

Kurzer Zwischeneinwurf

An dieser Stelle sollte ich klar stellen, was ich mit meinem Blogeintrag erreichen will.
Das Ziel des Blogs ist es nicht, mein persönliches Leid zu klagen. In Australien gibt es so viele Orte, die akut betroffen sind, an denen Menschen ihre Häuser oder sogar ihr Leben verloren haben. Ich habe in Melbourne unglaubliches Glück und bin Gott so dankbar, dass ich nicht mit den Herausvorderungen kämpfen muss, vor denen nun so viele Menschen hier stehen.
Ich will euch stattdessen näher bringen, wie Naturkatastrophen den Alltag beeinflussen können, wie dennoch das Leben hier weiter geht, wie Menschen einander in dieser Situation helfen und auch allen besorgten lieben Menschen sagen, dass es mir hier gut geht und sie keine Angst um mich zu haben brauchen.  
In meiner Situation war ich bisher noch nie. Mit einem Blickwinkel vom äußersten Rande der Katastrophe aus dennoch weiter den Alltag meisternd ergibt sich bei mir die Frage: Wie gehen wir in unserem alltäglichen Leben mit dem Klimawandel um?
Dieses Thema ist bei mir in den letzten Tagen immer präsenter geworden. Ich werde in diesem Eintrag nicht genauer darauf eingehen, aber vielleicht ergeben sich bei euch auch Gedanken und Ideen dazu, wie man selbst aktiv werden kann (gerne in die Kommentare damit! J)

Leben neben Buschbränden

Fast täglich bekomme ich Nachrichten, ob ich noch lebe, wie die Brände bei uns sind und ob wir was davon merken. Das ist neu für mich und ein kleines bisschen schockt es mich auch. In Deutschland kommt es selten vor, dass sich Verwandte und Freunde um einen Sorgen, weil man direkt mit Umweltkatastrophen konfrontiert wird. Das zeigt auch, wie weit weg ich mit meinen Gedanken bisher von diesen „Schreckensnachrichten“ entfernt war. Natürlich, man hört nur in den Medien davon und sieht es nie mit eigenen Augen. Direkt oder indirekt davon betroffen zu sein ändert die Lage selbstverständlich.

In meinem Job in der Tourismusbranche spüre ich diese Nähe zur Katastrophe jeden Tag. 
Zur Erklärung: Ich verkaufe Reisen und Aktivitäten in Australien, Neuseeland und Südostasien und habe damit jeden Tag mit Menschen zu tun.
In den letzten Wochen kommt es immer öfter vor, dass Kunden besorgt zu mir kommen und fragen, ob sie ihren Reiseplan noch durchführen können und wo die Brände im Moment sind. Diese Situationen machen mich vom Außenstehenden zu einer Art Ansprechpartnerin. Auf meiner Arbeit ist es also immer wichtiger geworden, informiert zu sein, da sich andere Menschen auf dein Urteil verlassen. Oft schaue ich mir mit meinen Kunden dann eine Karte an, auf der immer die verschiedenen Brände in Australien angezeigt werden. (Eine App dafür habe ich mittlerweile auch auf meinem Handy. Sie gibt mir immer bescheid, wenn in meinem Umfeld irgendwelche Brände entwickeln).

Karte von Victoria mit Buschfeuern im Osten


Ein paar Mal wurden auch schon Touren aufgrund der Lage abgesagt. Ob etwas durchgeführt werden kann, ist manchmal eine Frage der Zeit („hoffentlich ist bis da hin nichts schlimmer geworden“ oder „vielleicht ist dann das Feuer in dieser Region weg“).

Ein Bereich, an dem man die Brände in unserer Umgebung vermutlich am deutlichsten merkt, ist die Luftqualität. An manchen Tagen wabert der Rauch durch die Straßen. Besonders schlimm war es bisher am letzten Dienstag (7.1.2020). An vielen Orten wurde man angewiesen, keine Fenster öffnen, so wenig wie möglich raus zu gehen und keinen Sport zu machen. Wie Wolken zogen sich die Rauchschwaden auch durch das Zentrum der Stadt. Die folgende Aufnahme hat auf Facebook eine große Runde gemacht: 


Man kann Melbourne im Rauch fast gar nicht mehr erkennen.
Freunde haben meiner Mitbewohnerin und mir Rauchmasken für die nächsten Tage besorgt, damit man auf dem Weg zur Arbeit an schlimmen Tagen nicht so viele Rußpartikel einatmen muss. 
Es gruselt mich ein bisschen. Das Wetter trügt, denn was zuerst wie Nebel und eine dichte Wolkendecke aussieht, entpuppen sich als dicke Rauchschwaden.

Diese direkte visuelle Konfrontation mit den Buschfeuern und die Einschränkungen, die man dadurch erfährt, lösen im Alltag immer wieder Gespräche über die momentane Situation aus. Beim Friseur, unter Freunden, mit Leuten auf der Straße, auf der Arbeit, stets kommt man wieder zum Thema Feuer zurück.

Aber nicht nur negatives hat sich in den letzten Tagen gezeigt. Auch Positives ist zum Vorschein gekommen. Ich habe gemerkt, wie stark der Zusammenhalt der Gesellschaft in Notsituationen sein kann. Viele nehmen Menschen bei sich auf, die von den Feuern betroffen sind, spenden Gegenstände, sammeln Geld. In den sozialen Medien zeigt sich Solidarität in Kommentaren unter Posts über die Feuer. 

Was machen wir nun damit?

Dieser ganze Prozess ging jetzt unglaublich schnell, schleichend ist das Feuer auch zu uns in die Region gekommen und war dann plötzlich da. Orte, an denen ich noch vor ein paar Wochen wandern war, sind nun niedergebrannt.
Das zeigt mir um so mehr, wie stark sich das Klima unserer Welt gerade verändert. Das kann ich nicht ignorieren. Menschen werden in Notsituationen gebracht, die Umwelt bedroht, es gibt ein Massensterben der Tiere. Es bricht mir das Herz.
Ich will diese Gelegenheit nutzen, um dazu aufzurufen, den eigenen Alltag klimaneutraler zu gestalten. Es kann eine Selbstverständlichkeit werden, eher regionale Produkte zu kaufen, auf Verpackungen zu verzichten und vielleicht öfters mal das Fahrrad zu nehmen. Ich glaube, dass man auch mit diesen Kleinigkeiten einen Unterschied machen kann. (nennt mich naiv, aber hier zeigt sich auch mein hoffnungsloser Optimismus!) 

In Deutschland können wir uns unglaublich glücklich schätzen, nicht so stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen zu sein. Vielleicht ist das Thema deswegen nicht so sehr in unseren Köpfen verankert (siehe Kassenbonpflicht..). Ich hoffe, mit diesem Blogeintrag konnte ich manchen von euch einen Einblick geben, wie schnell der eigene Alltag von Umweltkatastrophen beeinflusst werden kann und das Thema wieder präsent machen. 
Mein Gebet geht an die Menschen und Tiere, die in dieser Situation so viel Leiden müssen!

Kramar,
Eure Madilotte

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